
Über den Wert des lauten Jagens
Stumm ergeben, nie aber Fährtelaut. Stumm mal Stumm ergibt nur Stumm, selbst
dann, wenn sich unter den Ahnen auch fährtelaute Hunde befinden und man auf
diese Inzucht treibt. Ob es andere, dieser These womöglich widersprechende neuere
wissenschaftliche Erkenntnisse gibt, ist mir nicht bekannt. Der nur sichtlaute
Hund wird im Wald, insbesondere in dichten Dickungen, weitgehend stumm jagen,
weil bei ihm ja erst der Anblick des Wildes den Laut auslöst. Züchterisch anzustreben
ist daher immer der Spur-/Fährtelaut, bei dem die Duftspur des gejagten Wildes
ausreicht, um den Laut auszulösen. Der Fährtelaut kann züchterisch ein schmaler
Grat sein. Heinrich Hecker, langjähriger Zuchtwart der Deutschen Wachtelhunde,
prägte einmal den Begriff des „sachlichen Lautes“, was besagt, dass die Reizschwelle
des Hundes nicht so tief liegen darf, dass eine viele Stunden alte Fährte bereits
den Laut auslöst.
Es ist ja auch für den „draußen“ wartenden Jäger sehr viel besser (und gewiss auch
schöner), wenn er sich durch den auf ihn zu bewegenden Laut eines jagenden
Hundes auf den Anblick von Wild „mental“ einstellen und auf den Schuss vorbereiten
kann. Auch bei der nach der Riemenarbeit bei mehr als einem Drittel aller
ernsthaften Nachsuchen notwendigen Hetze ist der Laut unverzichtbar. Ich muss als
Schweißhundführer hören können, wohin „die Reise geht“, wenn ich meinen Hund
am letzten warmen Wundbett oder Wundkessel schnalle. Weil aber dieses letzte
Wundbett/Wundkessel fast immer in dichtester Deckung liegt (und ich eine gewisse
Zeit brauche, es auf Schweiß und/oder andere Pirschzeichen zu untersuchen, ehe
ich meinen Hund schnalle) ist der fährtelaut jagende Nachsuchenhund dem „nur“
sichtlauten vorzuziehen. Das kranke Stück hat einen gewissen Vorsprung und es
kann passieren, dass der Hund es erst hinter dem nächsten Höhenrücken einholt
und dann erst der Sichtlaut, für mich dann nicht mehr hörbar, einsetzt. Den Weg
des fährtelaut hetzenden Hundes kann ich jedoch vom Schnallen weg mit dem Ohr
verfolgen.
Man wird mir möglicherweise entgegen halten, dass ja heute jeder gut ausgerüstete
Nachsuchenführer und sein Hund über ein GPS-gestütztes Telemetriegerät verfügen,
das in Bild und Ton den Verlauf der Hetze im Display darstellt und den stellenden
Hund jederzeit rasch finden lässt. Das würde den Laut des hetzenden Hundes
überflüssig machen. Ich möchte dennoch auf den Laut des hetzenden Hundes bei
der Nachsuche keinesfalls verzichten. Die Technik kann versagen, weil beispielsweise
der Führer vergessen hat, die Akkus aufzuladen, der Sender beim Durchqueren
eines Wasserlaufes defekt wurde oder der Hund im dichten Schwarzdornverhau das
Senderhalsband verloren hat. Dass das Telemetriegerät als Zusatz-Ausrüstung des
Schweißhundführers und seines Nachsuchenhundes heute unverzichtbar geworden
ist, will ich gerne bestätigen, den Hetzlaut kann es aber nicht ersetzen. Sämtliche
englische Jagdhundrassen, die bei uns jagdlich geführt werden, jagen „von Hause
aus“ stumm, mit Ausnahme von Foxhound, Beagle, Harrier und mit Einschränkung
auch Foxterrier. Wozu braucht man auch in der offenen Feldflur einen laut jagenden
Pointer oder Setter und warum sollte der als Apportierhund eingesetzte Retriever
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